Ein Beschluss mit wegweisendem Potenzial


Mit dem Mitte Mai im Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) verabschiedeten Positionspapier "Handwerk und Normung" übernimmt das Zentralorgan eine wichtige strategische Vermittlerrolle in der Normungsarbeit. Erklärtes Ziel ist es, Normen und Normungsprozesse stärker an den Bedürfnissen des Handwerks und der kleinen und mittleren Unternehmen auszurichten.

Viele Normeninhalte werden weit im Vorfeld späterer gewerkspezifischer Regelungen vereinbart. Hier gilt es, frühzeitig für handwerksgerechte Positionen einzutreten. © TSD

Tischler Schreiner Deutschland begrüßt diesen unverzichtbaren Schritt und erhofft sich daraus eine Signalwirkung an Politik und Wettbewerber. "Eine herausragende Stärke des Tischler- und Schreinerhandwerks ist die handwerkliche Produktion", erklärt TSD-Präsident Thomas Radermacher. "Sie beruht auf jahrhundertealter Erfahrung und Tradition. Sie ist deshalb wichtiger Bestandteil unserer kulturellen Identität", so der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige weiter. Diesen Erfahrungsschatz im Kontext moderner Entwicklungen zukunftssicher zu bewahren sei unter anderem eine Aufgabe sachgerechter Normungsarbeit.

Einer, der sich seit gut 20 Jahren mit dieser Herausforderung hauptberuflich befasst, ist Ralf Spiekers. Der diplomierte Holzingenieur weiß um die Bedeutung gewerkübergreifender Koordination. "Das Tischler- und Schreinerhandwerk ist mit seiner Produktionsbreite und -tiefe eine der vielseitigsten Branchen überhaupt." Die Regel- und Normendichte sei immens und ohne hohe fachliche Qualifikation und einschlägige Berufserfahrung kaum zu beherrschen.

"Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Standards, die das Tischler- und Schreinerhandwerk zumindest indirekt betreffen. Genau hier liegt die Herausforderung", erläutert Spiekers. Bereits kleine Anpassungen könnten ungeprüft und unbesprochen verheerende Auswirkungen für die Branche haben. Die minimale Anpassung eines Grenzwerts – das zeige die Erfahrung – könne beispielsweise ganze Produktionsabläufe auf den Kopf stellen und selbst bestehende Maschinen von einem auf den anderen Tag zu "Edelschrott" deklarieren. "Wir reden von Betrieben im Jahr 2020. Da kommen auch bei kleineren Unternehmen schnell mehrere hunderttausend Euro zusammen", rechnet Technikexperte Spiekers vor.

Die frühzeitige Begleitung ist der Schlüssel
Die große Chance des ZDH-Beschlusses liege nun vor allem in den gestiegenen Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, ergänzt Radermacher: "Wenn es um Wirtschaftsinteressen oder politische Mitsprache geht, spielt der ZDH ganz klar in der obersten Liga. Deshalb war es uns seit Langem ein Anliegen, dass dieser Einfluss auch in Normungsfragen geltend gemacht werden kann." Das Positionspapier ist nun ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Jetzt gelte es, die entsprechenden Strukturen aufzubauen. Die Ziele seien schließlich ehrgeizig gefasst. Bereits mit dem Papier wurden Vorschläge und Forderungen an die Bundesregierung, das Deutsche Institut für Normung (DIN) und die Europäische Kommission formuliert – als Ausgangspunkt für den beginnenden Diskussionsprozess mit den verantwortlichen Institutionen. "Es wäre schon eine große Hilfe für uns Fachverbände, wenn der ZDH bei den gewerkübergreifenden Querschnittsnormen Einfluss gewinnt", schließt Normen-Experte Spiekers. Denn ob Nachhaltigkeitsnachweise, Arbeits- oder Umweltschutzthemen – in all diesen Bereichen seien eine frühzeitige übergeordnete fachliche Begleitung notwendig, um bei den späteren gewerkspezifischen Regelungen keine bösen Überraschungen zu erleben.

Berlin, 10. Juni 2020


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